Ein Blick auf das chemische Ätzen

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Karl Hollis - Technischer Direktor
Kategorie: Einblicke in chemische Ätzverfahren

In einem kürzlich geführten Interview mit Canadian Metalworking (CM) erläuterte Karl Hollis, der technische Leiter bei Precision Micro, das chemische Ätzverfahren sowie die Metalle, die mittels chemischem Ätzen bearbeitet werden können.

Ätztechnik

CM: Was kann mit dem chemischen Ätzverfahren hergestellt werden?

Hollis: Durch chemisches Ätzen können grat- und spannungsfreie Präzisionsmetallteile mit komplexen Geometrien hergestellt werden, wobei gleichzeitig die Flexibilität erhalten bleibt, Designänderungen in letzter Minute vorzunehmen und mehrere verschiedene Prototypen schnell in Serie zu produzieren.

Neben seiner schnellen Produktion zeichnet sich das chemische Ätzen oft als die kosteneffizienteste Option für die Herstellung maßgeschneiderter Teile mit komplexen Designs und engen Toleranzen aus. Im Gegensatz zu anderen Verfahren steigen die Kosten nicht in Abhängigkeit von der Komplexität des Designs.

Die Verwendung kostengünstiger und leicht reproduzierbarer Fototools ermöglicht schließlich eine kosteneffiziente Erprobung von Designkonfigurationen.

Zu den gängigen Komponenten, die durch Fotoätzung hergestellt werden, gehören leichte Lufteinlassgitter für Hubschrauber und Wärmeübertragungsplatten, die in Luftentfeuchtern und Triebwerken verwendet werden.

CM: Welche Metalle können geätzt werden?

Hollis: Praktisch jedes Metall kann chemisch geätzt werden, aber wie bei den meisten Metallbearbeitungsverfahren sind einige leichter zu ätzen als andere.

CM: Wie kann man Titan ätzen?

Hollis: Titan ist leicht, fest und hat ein ausgezeichnetes Ermüdungsverhalten. Diese günstigen Eigenschaften erweisen sich jedoch bei der Bearbeitung als Problem.

Die hohe Festigkeit, die geringe Wärmeleitfähigkeit und die chemische Reaktivität von Titan mit herkömmlichen Werkzeugwerkstoffen (bei hohen Temperaturen) verringern die Lebensdauer der Werkzeuge bei der Bearbeitung erheblich. Sein relativ niedriger Elastizitätsmodul [Steifigkeit] führt zu Rückfederung und Rattern, was eine schlechte Oberflächenqualität des fertigen Produkts zur Folge hat. Außerdem entstehen beim Drehen und Bohren lange, durchgehende Späne, die sich im Schneidwerkzeug verfangen können, was eine automatisierte Bearbeitung erschwert.

Viele dieser Probleme lassen sich durch chemisches Ätzen lösen, aber selbst das Ätzen von Titan ist schwierig, da das Metall eine oxidierte Schutzschicht bildet, wenn es der Luft ausgesetzt wird, was bedeutet, dass es nicht mit Standard-Ätzchemikalien geätzt werden kann.

CM: Wie anspruchsvoll ist es, Ätzarbeiten an Aluminium durchzuführen?

Hollis: Aluminium teilt viele Eigenschaften mit Titan, insbesondere sein hohes Festigkeits-Gewicht-Verhältnis und seine natürliche Korrosionsbeständigkeit. Obwohl Titan stärker und korrosionsbeständiger als Aluminium ist, zeichnet sich Aluminium durch eine bessere Ermüdungsgrenze aus. Dies macht es ideal für Luft- und Raumfahrtanwendungen, in denen hohe Ermüdungsfestigkeiten gefordert sind.

Blatt mit geätzten Lautsprechergittern

Bei der herkömmlichen Bearbeitung von Aluminium treten verschiedene Probleme auf, wobei das größte die sogenannte Aufbauschneide ist. Dabei kommt es im Wesentlichen zur Verschmelzung von Werkstückmaterial mit der Werkzeugschneide. Dies führt zum Verlust der effektiven Werkzeuggeometrie und resultiert in erhöhten Schnittkräften sowie Qualitätsproblemen wie Oberflächenkratzern und einem trüben Finish.

Die Fotoätztechnik gestaltet sich bei Aluminium als Herausforderung, da die beim Ätzen freigesetzte Wärmeenergie oft zu einer rauen, körnigen Kante führen kann.

CM: Ist es einfacher, Stahl und Edelstahl zu ätzen?

Hollis: Edelstahl, Kupfer und Nickel sind zwar weniger problematisch zu ätzen, erfordern aber immer noch viel Erfahrung und erhebliche Investitionen in Verarbeitungstechnologien, um das Ergebnis zu optimieren.

Dank seiner Vielseitigkeit findet nichtrostender Stahl in zahlreichen Anwendungen verschiedener Industriezweige Verwendung und wird oft aufgrund seiner Korrosionsbeständigkeit und der Vielfalt verfügbarer Qualitäten bevorzugt.

Das Fotoätzen von rostfreiem Stahl ist bei der Herstellung von Geweben, Filtern und Sieben, Biegefedern für ABS-Bremssysteme, medizinischen Biosensoren, Kraftstoffeinspritzsystemen und Bipolarplatten für Flüssig/Flüssig- oder Flüssig/Gas-Wärmetauscher weit verbreitet.

CM: Wie ätzen Sie Kupfer und Kupferlegierungen?

Hollis: Kupfer ist ein vergleichsweise weiches Metall mit ausgezeichneter thermischer und elektrischer Leitfähigkeit, das sich zudem mit herkömmlichen Ätzchemikalien zügig ätzen lässt. Im Gegensatz zu Kontaktbearbeitungsverfahren, welche das Kupfer verformen und seine Eigenschaften beeinträchtigen können, erfährt das Material beim Ätzen keine Belastung.

Kupfer und seine Legierungen sind äußerst haltbar, dehnbar und verformbar, was bedeutet, dass sie sich gut zum Umformen und Beschichten nach dem Ätzen eignen. Elektrische Kontakte, Stifte, Anschlüsse, EMI-Dichtungen, Abschirmungen, Leiterrahmen und Steckverbinder sind häufig aus Kupfer geätzte Teile.

CM: Was ist mit Nickel und Nickellegierungen?

Hollis: Die hohe Hitze- und Korrosionsbeständigkeit von Nickel macht es zu einer beliebten Wahl für eine Vielzahl von Teilen und Komponenten. Es wird auch häufig als äußere Schutzschicht für weichere Metalle verwendet. Nur sehr wenige Dinge werden aus reinem Nickel hergestellt, aber es wird als Stabilisator verwendet. Das Fotoätzen von nickelbeschichteten Metallen ist ebenso möglich wie das von reinem Nickel und Nickellegierungen.

Es ist sogar möglich, INCONEL® zu ätzen, eine Hochtemperatur-Superlegierung auf Nickelbasis, die eine ausgezeichnete Korrosions-, Druck- und Oxidationsbeständigkeit sowie eine hervorragende Hitzebeständigkeit aufweist.

Artikel erstmals veröffentlicht in Canadian Metalworking, Januar 2020

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